Wenn Captain Picard nach jeder Bewegungsfolge an seiner Uniform zuppelt, dann hat das was mit dem schlechten Schnitt der TV-Kostüme zu tun und rein gar nichts mit seiner Figur, die ist nämlich beneidenswert. Rumzuppeln ist hier im Hexenhaus nicht unbekannt, geschieht aber seit einigen Jahren eher selten. Überhaupt nicht mehr werden andere Komplexe ausgelebt, die von vielen Dicken und lange auch von einer noch jüngeren Dicken Hexe praktiziert wurden und sämtlich in die Kategorie ‚Täuschen und Tarnen‘ fallen.
Kann natürlich mal wieder nicht verallgemeinert werden, aber alleine auf weiter Flur war ich mit meinen Macken jedenfalls nicht. Das ist also ein Beitrag mit einigen autobiografischen Zügen und vielen Beobachtungen von Menschen um mich herum, im Fernsehen (ja, auch hier erweist sich Extrem schwer als hilfreich).
Die Sache mit dem Herumzuppeln
Herumzuppeln an Klamotten macht ja fast jeder, aber keiner mit solcher Hartnäckigkeit wie ein Dicker. Kaum eine Bewegung kann geschehen, ohne dass eine oder zwei Hände nach hinten wandern und das Shirt, der Pulli oder was immer die wogenden Massen bedeckende Kleidungsstück gerade da ist, wird mit spitzen Fingern nach unten gezogen.
Das ist nicht immer sinnlos, denn es gibt Bewegungen, die raffen die Stoffbahnen und der Handgriff ist nötig. Aber ich erinnere mich, fast dauernd da rumgezerrt zu haben. Je weiter der Sims aus Fettrollen über dem Hintern vorsteht, desto eher neigt ein Kleidungsstück natürlich dazu, drüberzurutschen und auch nicht wieder nach unten zu fallen. Hat was von einer unfreiwilligen Raffgardine.
Ergänzt wird der verinnerlichte Handgriff, der sich im Extremfall hunderte Male täglich wiederholt, durch das vorangehende umgekehrte Zerren am Hosenbund nach oben. Jau, so werden immerhin auch Kalorien verbrannt.
Das ist aber auch der einzig positive Effekt daran. Ansonsten wird nämlich wenig bis gar nichts verdeckt. Da ist meistens zuviel vorhanden, um mit einer dünnen engen T-Shirt-Schicht was wegzuretouchieren. Vergiss es, Dicke Hexe, hab ich mir vor vielen Jahren gesagt und zuppel inzwischen nur noch extrem selten und nur dann, wenn mir die Oberbekleidung schon fast in Wellen unter den Achseln hängt. Hintern bleibt Hintern. Im Universum geht nichts verloren, auch keine Fettrolle am Derrière.
Bloß nicht öffentlich essen!
Uh, die Macke liegt schon eine ganze Zeit hinter mir. Wie an anderer Stelle erwähnt, ist meine Gabe zum Selbstbetrug recht bescheiden. In der Öffentlichkeit geziert an einem Salatblatt zu knabbern hat kaum einen Effekt. Ich hab selbst nicht geglaubt, dass ich durch eine bösartige Weltverschwörung nur durch kalorienmäßig gesättigte Atemluft zugenommen habe.
Trotzdem sehe ich es um mich herum. Zuletzt bei einer meiner letzten Azubinen, die ziemlich schwergewichtig war, und es sich zur Lebensaufgabe machte, im Kollegenkreis oder bei Betriebsfeiern entweder gar nicht oder nur in Lilliput-Portionen Essbares zu sich zu nehmen. Sozusagen ein halb verhungertes Karnickel in unserer der Völlerei anheimgefallenen Mitte.
Leider – so ist es nun mal – ist das einfach nur albern. Außerdem bringt es nichts. Eigentlich soll diese Selbstverleugnung ja verhindern, dass andere denken „Boah, die/der Dicke schlägt sich mal wieder den Bauch voll!“. Das tut es zwar, führt aber eher zu „Boah, das kauft der/dem doch keiner ab, dass der/die nur so wenig isst. Hält uns wohl für blöd.“ – was nicht ganz falsch ist.
Der einzig wirkliche Effekt davon besteht darin, sich die Freude an einem geselligen Essen zu vermiesen durch einen albernen kleinen Salat, während Herz und Magen nach einer gemütlichen Pizza und einem Gläschen Wein verlangen. Die Erkenntnis braucht aber, bis sie reift. Ich persönlich finde die vorangehende Erkenntnis sehr hilfreich, dass sich die Umgebung viel weniger Gedanken über mich macht, als ich in meiner Jugend immer befürchtet habe. Und was den Rest angeht – fiese Zeitgenossen finden immer was zum Lästern. Das ist aber besser zu ertragen, wenn dabei der Pizzageruch um die Nase weht und kein Salatblatt ohne Dressing auf der Gabel welkt.
Der Abschied vom Ich
Das ist mir bei der letzten Folge von Extrem schwer aufgefallen. Der Kandidat redete von sich in der Dritten Person. Statt ‚ich‘ war immer von ‚man‘ die Rede. Schon schriftlich eine Unart, ist es hörbar wirklich extrem. Und es ist schade, sich von sich selbst zu verabschieden. Sich nur noch von außen zu betrachten wie einen Fremden.
Hier mach ich das, weil es eine bewusste Schreib-Entscheidung ist. Unterhalte ich mich aber, dann bin ich eben ich und meine Entscheidungen sind meine Entscheidungen und nicht die eines diffusen ‚man‘.
Wer soll ‚man‘ eigentlich sein? Der, der an jedem Kilo Schuld ist? Das Dicke Ding, das jemand anderer ist? So eine Entfremdung ist natürlich bequem, denn da kann ‚man‘ gleich die Verantwortung für alles Schlechte im Leben übernehmen. Man isst zuviel und man ist einfach zu fett, man kriegt die Kurve nicht und man müsste mal was ändern.
Jaja, ich hab man in die Wüste geschickt und mich persönlich dafür entscheiden, mit IF mein Leben zu ändern. ICH esse 16:8 und ICH bin aber auch diejenige, die jetzt ihre 25 Kilo runterhat. Man hat da mal gar nichts mit zu tun!